Markus Lappe, Direktkandidat für den Bundestag im WK 170
Es gab eine Meldung in den letzten Wochen, die hat mich nachdenklich gemacht: „Noch 350 offene Lehrstellen im Schwalm-Eder-Kreis!“ Von 980 Ausbildungsplätzen sind erst 630 besetzt. 350 unbesetzte Azubi-Stellen im Handwerk! DAS DARF NICHT SEIN!
Wie Sie wissen, bin ich selber Handwerker, gelernter Elektriker, jetzt „Mann für alle Fälle“ für die Technik der Hephata-Akademie. Ich habe kein Problem, mich auf die Leiter zu stellen und das Licht wieder leuchten zu lassen, ich habe gern Schraubendreher und Ratsche in der Hand, obwohl immer mehr die Computer-Tastatur, funktionierendes WLAN und Platz in der Cloud meine beruflichen Herausforderungen sind. Aber als gelernter Handwerker frage ich mich immer öfter: Was, um Himmels Willen, ist in den vergangenen Jahren schiefgelaufen, dass immer weniger den Blaumann anziehen wollen und immer mehr Schlips und Kragen?
Ich kann Ihnen sagen, was hier falsch läuft: Handwerk ist nicht mehr sexy, Handwerk hat nicht mehr die gesellschaftliche Anerkennung, die es verdient, Handwerk bedeutet zu oft: viel Müh, wenig Lohn. Das müssen wir ändern. Wie das geht? Wir brauchen das „Handwerker-Halbjahr“ in der Schule. Ein Jahr, bevor sich Schülerinnen und Schüler entscheiden, wie nach dem Haupt- oder Realschulabschluss ihr weiterer Lebensweg aussieht, müssen sich Handwerksbetriebe in den Schulen präsentieren können; die jungen Menschen müssen viele kleine Möglichkeiten haben, für ein paar Tage in möglichst viele Betriebe reinzuschnuppern. Motto: Bäcker – ist das was für mich? Oder lieber Fleischer? Oder Friseur? Und was gibt’s denn sonst noch so in meiner Heimat? Das funktioniert wie die Tinder-App, nur eben für Ausbildungs-Berufe und mit möglichst vielen „First Dates“ in möglichst vielen Jobs. Und am Ende steht eine Entscheidung. Wir müssen ganz neu denken, kreativ sein, 350 offene Stellen sind Warnung genug.
Und wir müssen das Handwerk wieder sexy machen, Chancen für die Zukunft aufzeigen. Wer Kfz-Mechatroniker lernt, könnte sich später auf Oldtimer spezialisieren, sich selbstständig machen und viel mehr Geld verdienen als Menschen mit Schreibtisch-Jobs. Wer eine Ausbildung in der Gastro absolviert, etwa als Koch oder Hotel-Kaufmann, könnte später eine Gaststätte übernehmen. Und wird von den Behörden mit offenen Armen empfangen. Motto: „Schön, dass diese Kneipe weiterlebt, lass uns mal sehen, wie wir gesetzliche Bestimmungen kostengünstig lösen, fang erstmal an.“ Und nicht: „Oh, oh, das wird teuer. Investieren Sie bitte erstmal hunderttausende Euro in Küche und Brandschutz!“
350 offene Lehrstellen im Handwerk in unserem Kreis sollten uns eine Warnung sein. Wir dürfen nicht zulassen, dass wir irgendwann Fachkräftemangel haben, dass wir irgendwann froh sein, wenn überhaupt ein Handwerker kommt und wir jeden Stundenlohn akzeptieren müssen. Mal ganz ehrlich: Wie oft holen Sie einen Heizungsbauer ins Haus? Und wie oft einen Politikwissenschaftler?